20. Mai 2024

Landschaft als Orakel! Mythologisch Wandern. Wie geht das? 2. Teil

Ith

Interessanterweise hat sich mir diese Wanderung, auch schon in der Vorbereitung, als extrem widerspenstig gezeigt. So wollten meine Freundin und ich eigentlich eine Etappe des beworbenen Ith-Hils-Weges gehen, mussten aber feststellen, dass die Anfangs- und Zielpunkte mit Bus- und Bahn nur schwerlich bis ĂŒberhaupt nicht zu erreichen sind.

Nachdem schon die Planung keinen Erfolg verhieß, entschlossen wir uns – zugegebenermaßen war ich ziemlich genervt – einfach nach CloppenbrĂŒgge zu fahren, um von dort eine Rundwanderung zu starten. Der Flyer verhieß MĂ€rchenhaftes und ließ sich im CoppenbrĂŒgger ReisebĂŒro auch in der Druckversion abholen.

Nun ja … diese Wanderung war wirklich anstrengend und zeichnete sich durch eine extrem eigenartige Beschilderung aus, die uns zwar stĂ€ndig mit Sagen und Göttern konfrontierte, uns aber einfache Ortshinweise verweigerte. Sportlich ging es los, doch wir (oder war ich es nur?) scheuten den steilen Aufstieg, was dann einen gemĂ€chlichen Anfang ergab, der fatalerweise aber nach ca. zwei Minuten doch zum Aufstieg fĂŒhrte. Dumm gelaufen. Noch ĂŒbler war es, dass der Weg in einem Waldarbeiter-Trekker-Pfad mĂŒndete, der uns zum Abstieg und der Entdeckung einer Schwefelquelle zwang. Die “grillbratende” einheimische Bevölkerung war auch keine große Hilfe, sodass wir nach einer erneuten Rast den zweiten Anlauf fĂŒr den Aufstieg zur Felsenformation “Adam und Eva” erprobten. Auch hier fĂŒhrte uns der gewĂ€hlte, anscheinend “bequemere” Weg ins tiefe Dickicht. Immer tiefer ging es im Steilaufstieg in den Wald hinein, wo sich dann auch dieser Weg als Waldarbeiter-Pfad entpuppte, der im Nirgendwo endete. Querfeldein erreichten wir schließen den Gipfel und den schmalen Kammweg. Ich fragte mich zum wiederholten Male, warum meine Wanderbegleitung das flache Cuxland nicht vorab in ErwĂ€gung gezogen hatte und wurde von unzĂ€hligen “BĂ€rlauch, BĂ€rlauch”-Rufen durch eine frĂŒhblĂŒhende, wirklich hĂŒbsch anzusehende Ithlandschaft gefĂŒhrt. Beim Ith-Turm schließlich, der einen romantischen Blick auf das nahe Atomkraftwerk bot, ging es zurĂŒck nach CoppenbrĂŒgge. Total erschöpft bin ich zu Haus angekommen und muss sagen, dass rĂŒckblickend die Wanderung nicht ganz so schlecht war, wie sie mir in den ersten vier Stunden vorgekommen war.

Schön wĂ€re es aber, liebe Verantwortlichen (wer immer ihr seid!), Waldarbeiterwege abzusperren, sodass Wanderinnen nicht in den tiefen Schlammfurchen versinken (Ich habe jetzt das Prinzip des mittelalterlichen Hohlweges verstanden!), bevor sie im forstwirtschaftlichen Nirgendwo landen. Auch wĂ€ren Schilder, die nicht nur “Pilze” oder andere Symbole zeigen und nicht nur auf den jeweiligen MĂ€rchen- und Sagen-Podcast-Content hinweisen, stattdessen aber – ganz profan – Ortsnamens-Beschriftungen auf Pfeilen aufweisen, auch unterhalb des Ith-Kammes angenehm gewesen.

Bei einem eventuellen zweiten Anlauf zu einer Ith-Wanderung wĂŒrde ich mich auf “einen steilen Aufstieg” einstellen, um dann hinterher entspannt die sagenhaften PlĂ€tze des Iths genießen zu können.

Doch genug der profanen Worte:

Wenn ich den Ith rĂŒckblickend als Person ansehe, dann wĂŒrde ich meinen, dass er sich meines Besuches mit aller Kraft verweigern wollte. Vielleicht lag es aber auch einfach nur daran, dass ich zum “Opfer” des Aufstiegs nicht bereit gewesen war und so der Berggeist -nehmen wir mal an, dass es so etwas gibt – sein Geheimnis (immer vorausgesetzt, dass er eines hat!) nicht preisgeben wollte. Vielleicht hĂ€tte ich auch ganz zu Beginn meiner Wanderung dem Baumheiligtum CoppenbrĂŒgges: “Peterlinde” meine Ehrerbietung bringen mĂŒssen und um UnterstĂŒtzung fĂŒr die Wanderung bitten sollen.

Ich lese die Landschaft wie ein Orakel und bin dann – ganz und gar freiwillig – in einer virtuellen Welt, die ich als Spiegelbild meiner inneren ZustĂ€nde ansehe. Das ist letztendlich ein Spiel, dass natĂŒrlich von einer unglaublichen Wichtigkeit des eigenen Selbst ausgeht. “Gut so!”, denke ich, “wer glaubt sonst an mich, wenn nicht Ich!”

Ein solcher Umgang mit der Landschaft eröffnet Dimensionen, die mit dem alltÀglichen Bewustsein nicht mehr viel gemein haben.

Ihr merkt es: Das ist der Beginn des GeschichtenerzÀhlens. Die Wanderung wird zur persönlichen Quest und ich bin mittendrin.

Ich kann entscheiden, inwiefern diese Geschichte fĂŒr mich Relevanz haben soll und inwieweit ich mich auf das Spiel einlassen mag oder nicht.

Und ihr, die ihr die Geschichte hört, könnt mir vielleicht die Frage beantworten: Was – zur Hölle – war da gestern los? Und so beginnt ihr – vollkommen spielerisch – eure eigene Reise.

Habt ihr auch Lust auf Wanderungen? Dann partizipiert am Wildfrauenhaus.

Zum Weiterlesen: Mythologisch Wandern. Teil 1

adam-eva

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