Dies ist der dritte Teil meines Berichts zu meiner Reise durch Siebenbürgen und zu den Moldauklöstern. Den ersten Teil findet ihr hier.
Nach dem Frühstück fuhren wir nach Biertan/Bierthälm. Von dem, was mich dort erwartete, war ich überrascht, hatte ich mich im Vorfeld nicht explizit auf die einzelnen Rundreise-Punkte vorbereitet und war jetzt mit einer Kirchenburg, noch dazu der größten in Siebenbürgen, konfrontiert.
Bisher hatte ich zwar schon viele Kirchen besichtigt, eine Kirche aber, die nicht nur ein Sakralbau, sondern gleichzeitig eine Burg darstellt, hatte ich zuvor noch nicht erlebt.
Eine Kirchenburg ist eine Synthese von Sakral- und Wehrbau. In Siebenbürgen sind von den ursprünglich 300 noch ca. 150 erhalten, von denen wiederum neun zum UNESCO Weltkulturerbe gehören. Kirchenburgen gibt es, außerhalb von Siebenbürgen, noch in Franken und in Südfrankreich.
Sie wurden von den Dorfbewohnern erbaut, die ständig den Überfällen von Mongolen, Tartaren und Türken ausgesetzt waren. Statt eine Politik der Unterwerfung und der offenen Grenzen zu favorisieren, schützte man sich damals, in dem man in den zumeist einzigen Steinbau des Ortes, nämlich der Kirche, flüchtete und diese mit Wehranlagen absicherte.
Bierthälm war die Residenz der Siebenbürger Bischöfe. Am Parkplatz gibt es deshalb nicht nur Touristenstände, sondern und eine Buchhandlung mit dem Namen “Sachsenbischof” zu bestaunen. Hier steht auch eine Anzeigetafeln, die den jetzigen Bewohnern erklärt, wie sie ihre Häuser zu renovieren haben, um die architektonische Eigenart von Siebenbürgen zu erhalten. Die Trinker, die vor den Dorfladen einen Frühschoppen halten, wird es nicht interessieren, so meine Vermutung.
Zu der eigentlichen Kirchenburg gelangen wir über einen überdachten Wehrgang. Leider ist das Foto ein wenig verwackelt, was wohl der Panik, die mich immer dann überfällt, wenn ich lange Treppenaufgänge sehe, geschuldet ist!
Die Hallenkirche ist von zwei konzentrischen Mauerringen und einer dritten Teilberingung auf der West-, Ost- und Südseite mit zwei Basteien umgeben.
Besonders gut gefallen haben mir die beiden kleinen Narrenfiguren, die die Kirchenwände zieren und so gar nicht zur protestantischen Botschaft passen wollen.
In der Sakristei wurden die Schätze der Kirche aufbewahrt. Mittlerweile gibt es dort keine Reichtümer mehr vor Überfällen zu schützen, stattdessen ist das kunstvolle Schloss mit seinen 13 Riegeln selbst nun zum Schatz geworden. Es erhielt auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900 einen Preis.
Südlich der Kirche steht der katholische Turm mit eigener Kapelle. Ökumene ist also keine Erfindung der Neuzeit und war auch schon früher möglich.
Eine Kuriosität stellt das sogenannte “Ehegefängnis” dar. Hier wurden Paare, die sich scheiden lassen wollten, für einige Zeit eingesperrt, um so genötigt zu werden, sich wieder “zusammenraufen” sollten. Humor jedenfalls hatten die einstigen Einwohner!
Deren Nachkommen haben Siebenbürgen mehrheitlich verlassen. Wikipedia schreibt dazu:
Während 1930 etwa 300.000 Siebenbürger Sachsen in Siebenbürgen lebten, waren es im Jahr 2007 nur noch knapp 15.000. Die große Mehrheit wanderte seit den 1970er Jahren und in einem großen Schub ab 1990 vor allem in die Bundesrepublik Deutschland aus, aber auch nach Österreich. Organisierte Gemeinschaften Siebenbürger Sachsen leben in nennenswerter Anzahl auch in Übersee in Kanada und den USA. (Siebenbürger Sachsen, besucht am 21.10.2017)
Wie mögen sich diejenigen fühlen, die geblieben sind, und nun zur Minderheit im ehemals eigenen Land geworden sind? Wie lebt es sich, wenn das soziale Netzwerk weggebrochen und die Familienangehörigen weggezogen sind? Was fühlt man, wenn die Traditionen, mit denen man aufgewachsen ist, zunehmend zur museal-touristischen Ausstellungsfläche werden?
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7 Gedanken zu “In Draculas Reich. Teil 3”